Vier
Wochen Peru! Ein langersehnter Reisetraum von Kathi und mir.
Anlässlich unserer „Runden“ haben wir das im Oktober 2019 in
Angriff genommen.
Wie
schon in Teil 9 meiner „Peru Stories“ erwähnt wurde ich am
hellichten Tag in Lima überfallen. Wir haben dann mit der
Peruanischen Polizei so schräge Dinge erlebt, dass ich das auch
festhalten muss.
Wie
gesagt, verließen wir am frühen Nachmittag die sichere Innenstadt
von Lima und überquerten den Rio Rimac hinüber in das ärmere
Viertel Rimac. Hoch oben über den Slums im Hintergrund blickt eine
Christusstatue herab und vermittelt den Eindruck, dass es hier
friedlich ist. Hier wollten wir das Stierkampfmuseum besichtigen, das
ausgesprochen interessant sein soll. Wir verliefen uns in einer
Seitenstraße, das Museum war nicht zu finden. Und dann geschah es.
Gegen
14 Uhr rammte mich ein junger Kerl auf offener Straße, wo Autos
fuhren und viele Passanten anwesend war, um und riss mit roher Gewalt
an meiner Kamera. Ich wollte nicht gleich los lassen, weil ich noch
dachte, ich entreiße sie ihm wieder. Aber er war stärker. Ich
musste loslassen, zu sehr schmerzte auch mein Arm. Kathi lief ihm
noch ein paar Meter hinterher, aber er war schneller.
Drei
Frauen und ein paar Kinder kamen uns sofort zur Hilfe. Ich saß
heulend auf der Straße. Dieses Gefühl der Erniedrigung. Dazu hatte
ich starke Schmerzen im linken Arm, und die Gewissheit, alle meine
Traumreise-Fotos für immer verloren zu haben, ließ mich zudem
verzweifeln.
Kathi
hatte zwar auch viel gefilmt und ein bisschen fotografiert, aber wir
ergänzten uns in unseren Aufnahmen. Kathi konzentrierte sich auf
Naturaufnahmen, ich hielt vor allem Menschen fest. Ich erinnere mich
gut an viele ganz tolle Aufnahmen auf meiner Kamera, die ich nun nur
noch im Kopf hatte. Zudem war ich alleine auf dem Huayna Picchu
gegangen, wovon nur ich viele Film- und Fotoaufnahmen gemacht hatte.
Alles weg.
Eine
der drei Frauen rief die Polizei. Eine andere brachte mir ein Glas
Wasser. Sie waren wahnsinnig lieb zu mir, sie entschuldigten sich
sogar für diesen Peruaner. Ich solle nicht denken, dass alle so
sind. Total lieb. Wir lagen uns in den Armen.
Nach
langem Warten kam endlich ein Auto der Polizeiinspektion Rimac. Sie
sprachen allesamt kein Wort Englisch. Kathi und ich wurden zu ihrer
Dienststelle mitgenommen. Wir saßen wie Verbrecher hinten hinter
Gittern. Auch vor Ort wurden wir von den vier männlichen Polizisten
nicht besonders freundlich behandelt. Vier Beamte teilten sich zwei
Schreibtische mit zwei Computern. Stundenlang wurde ich dann auf
Spanisch immer wieder dasselbe befragt, immer wieder tippten sie von
meinem Reisepass den Namen ab, immer wieder vertippten sie sich
dabei.
Dann
wurden wir plötzlich mit dem Auto wieder mitgenommen, dann kam
irgend etwas über Funk, und wir fuhren wieder zurück zur selben
Dienststelle. Da begann die Befragung erneut. Ausdrucken konnten sie
uns das Protokoll aber nicht. Warum, sagten sie nicht. Ich brauchte
das aber für meine Versicherung zu Hause.
Gegen
16 Uhr baten sie uns erneut ins Polizeiauto, wir fuhren nun in die
zentrumsnahe Dienststelle der Touristenpolizei. Und wieder sprach
dort kein Mensch Englisch. Aber dort arbeiteten nur weibliche
Polizisten. Die waren auch gleich viel freundlicher. An der Wand hing
ein riesengroßer Fernseher, wo gerade eine Telenovela auf hoher
Lautstärke lief. Drei der vier Polizistinnen hatten scheints gar
nichts zu tun. Die surften ständig am Handy. Die Vierte nahm erneut
das gesamte Protokoll des Überfalls auf. Nun suchten sie sogar auf
Google Street View mit uns gemeinsam welche Straße das wohl war. Die
Polizisten die uns nach dem Überfall abgeholt hatten, hatten
scheints nicht weitergegeben welche Straße das war!
Dann
hieß es, es könnte sein, dass dort Straßenkameras sind. Es dauerte
wieder ewig lange, ohne dass wir erfuhren was nun passierte. Dann
mussten wir mit ihnen gemeinsam in eines der vergitterten
Polizeiautos steigen. Wir fuhren erneut zum Überfallort. Wir durften
nicht aussteigen. Ein Polizist und zwei Polizistinnen waren bei uns
im Auto. Sie stiegen aus und suchten die Straße ab nach Kameras.
Dann sprachen sie noch mit Passanten. Dann kamen sie zurück.
Scheinbar gab es doch keine Kameras, und die Passanten wussten von
nichts. Auch Kathi und ich hatten den Typ einfach nicht beschreiben
können. Jung, schwarze Haare, schlank. … Toll, so sieht fast jeder
Mann hier aus.
Auf
der Touristenpolizei-Dienststelle zurück machte die nette Polizistin
von vorhin endlich mein Polizei-Protokoll fertig. Kathi und ich
mussten es korrekturlesen, ob alles passte. Na toll, mit meinen
schlechten Spanisch-Kenntnissen. Gut dass Kathi die Sprache eine Spur
besser beherrschte. Nach drei Ausdrucken aus dem mit Klebeband
reparierten Uralt-Drucker, die ich mit Fingerabdruck „unterschreiben“
musste, bekam ich endlich eine Abschrift meiner Anzeige. Nach vier
Stunden hatte ich endlich das, was ich für die Versicherung zu Hause
benötigte.
Aufgrund
dieser Behörden-Erfahrung wollte ich keineswegs noch in Lima ins
Krankenhaus mit meiner Schulter. Wir flogen ohnedies am kommenden Tag
nach Hause. Schmerzmittel schlucken und fertig. Und Kathi als
Helferlein.
Meine
linke Schulter musste dann zu Hause operiert werden (nach zehn Wochen
Wartezeit auf den OP-Termin...), drei Sehnen der Rotationsmanschette
waren gerissen. Insgesamt war ich wegen dieser Verletzung dann vier
Monate im Krankenstand.
Trotz
allem bereue ich nichts. Die vier Wochen Peru waren ein Traum! Davon
zehrt man sein Leben lang.
Fotos
und Filmclips: Kathi Stahl und Michi Ferschmann