Montag, 4. Juni 2007

So schnell kann's kommen...

....nach vier Montaten möchte ich mir das endlich von der Seele schreiben:

Unerwartet trifft es dich. Noch dachtest du du erlebst einen deiner schönsten Tage in deinem Leben. Die Sonne scheint, der Schnee ist wunderbar, du bist glücklich. Ein Traumtag einfach. Und dann zack, aus, vorbei. Von einem Augenblick zum anderen. Du liegst im Schnee, dein Bein verdreht, und ein unsagbarer Schmerz lässt dich wimmern wie ein kleines Kind. Warum werd ich nicht ohnmächtig? Warum werde ich nicht erlöst? Was war passiert? Verzweiflung,Todesangst, Hilflosigkeit. Ich hör meine eigene Stimme, ein unmenschlich erscheinender wahnsinnig verzweifeltes Wimmern. Es tobt, es pocht, bloß keine Bewegung, nicht rühren. Oh Gott, lass mich ohnmächtig werden. Wo bleibt die Hilfe? Von allen Seiten kommen sie, sie schauen, gaffen, glotzen, einer fotografiert sogar. Wo bleibt der Notarzt? Einer der vorbeifahrenden Skifahrer fährt trotz Absperrung fast in mich hinein. Eine Schneefontäne über mich. Dann kommt endlich Hilfe. Aber er kann nicht helfen. Der Sanitäter ist alleine, ohne Notfallausrüstung, allein mit einem Akkia. Er und mein verzweifeifelter Liebster versuchen mir den Skischuh auszuziehen. Ich hör meine Schreie wie aus der Ferne. Bitte ruft endlich einen Hubschrauber. Ein Notarzt, ich brauche sofort Schmerzmittel. Wieviel Pein hält der Mensch aus ohne zu kollabieren? Sagenhaft. Dann, endlich. Rotorblättergeräusche aus der Nähe. aber er scheint keinen Landeplatz finden zu können. Der abgesperrte Berereich ich von der gaffenden Masse voll, und der Hubscharuber kann nicht landen! Mein Gott, ich sterbe, denk ich! Die Notärtin wird am Seil zu mir herabgelassen - und dann endlich: Die erlösende Droge, ich falle in einen tiefen, tiefen Schlaf. Angeblich hab ich noch weitergeschrien bis der Hubschrauber mich wegbringt ins Krankenhaus.
Ich erwache erst wieder in der Notaufnahme. Später musste ich dann erfahren dass an jenem Tag 140 Unfälle eingeflogen wurden...
Ich muss operiert werden. Sie fragen mich so viele Sachen. Bin ich am Leben, träume ich? Muss ich antworten, oder ist das alles nur ein Alptraum? Die Schmerzmittel haben meinen Verstand gelähmt. Ich kann Realität und Traum nicht mehr unterscheiden. Ich unterschreibe mehrere Dinge und denke dabei das ist eh nur alles nicht echt.
Später am abend wache ich auf. Mein Bein ist begradigt, Nägel und Platten halten die Knochen zusammen. Ich habe wieder höllische Schmerzen.
Drei Tage später schneiden sie mir auch noch am Unterschenkel auf 12 cm Länge den Muskel auf. "Kompartmentspaltung", damit das Bein nicht abstirbt. Weil es so dick angeschwollen war, und ich meine Zehen kaum mehr spüren konnte. In nächster Zukunft werde ich nur liegen müssen. Mit Krücken ein paar Schritte gehen, mehr nicht. Acht Wochen lang. Insgesamt waren es dann 13 Wochen Krankenstand.
So schnell kann's kommen.

Wen's interessiert..:
Kompartmentsyndrom
Bild zu Kompartmentspaltung

VIELEN DANK an:
Krankenhaus Schwarzach
Knaus Hubschrauber-Rettung

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