Freitag, 1. Mai 2020

„Peru Stories“, Mädels on Tour - Teil 10 Exkurs: Vier Stunden in der Peruanischen Polizeiinspektion


Vier Wochen Peru! Ein langersehnter Reisetraum von Kathi und mir. Anlässlich unserer „Runden“ haben wir das im Oktober 2019 in Angriff genommen.

Wie schon in Teil 9 meiner „Peru Stories“ erwähnt wurde ich am hellichten Tag in Lima überfallen. Wir haben dann mit der Peruanischen Polizei so schräge Dinge erlebt, dass ich das auch festhalten muss.
Wie gesagt, verließen wir am frühen Nachmittag die sichere Innenstadt von Lima und überquerten den Rio Rimac hinüber in das ärmere Viertel Rimac. Hoch oben über den Slums im Hintergrund blickt eine Christusstatue herab und vermittelt den Eindruck, dass es hier friedlich ist. Hier wollten wir das Stierkampfmuseum besichtigen, das ausgesprochen interessant sein soll. Wir verliefen uns in einer Seitenstraße, das Museum war nicht zu finden. Und dann geschah es.
Gegen 14 Uhr rammte mich ein junger Kerl auf offener Straße, wo Autos fuhren und viele Passanten anwesend war, um und riss mit roher Gewalt an meiner Kamera. Ich wollte nicht gleich los lassen, weil ich noch dachte, ich entreiße sie ihm wieder. Aber er war stärker. Ich musste loslassen, zu sehr schmerzte auch mein Arm. Kathi lief ihm noch ein paar Meter hinterher, aber er war schneller.
Drei Frauen und ein paar Kinder kamen uns sofort zur Hilfe. Ich saß heulend auf der Straße. Dieses Gefühl der Erniedrigung. Dazu hatte ich starke Schmerzen im linken Arm, und die Gewissheit, alle meine Traumreise-Fotos für immer verloren zu haben, ließ mich zudem verzweifeln.
Kathi hatte zwar auch viel gefilmt und ein bisschen fotografiert, aber wir ergänzten uns in unseren Aufnahmen. Kathi konzentrierte sich auf Naturaufnahmen, ich hielt vor allem Menschen fest. Ich erinnere mich gut an viele ganz tolle Aufnahmen auf meiner Kamera, die ich nun nur noch im Kopf hatte. Zudem war ich alleine auf dem Huayna Picchu gegangen, wovon nur ich viele Film- und Fotoaufnahmen gemacht hatte. Alles weg.
Eine der drei Frauen rief die Polizei. Eine andere brachte mir ein Glas Wasser. Sie waren wahnsinnig lieb zu mir, sie entschuldigten sich sogar für diesen Peruaner. Ich solle nicht denken, dass alle so sind. Total lieb. Wir lagen uns in den Armen.
Nach langem Warten kam endlich ein Auto der Polizeiinspektion Rimac. Sie sprachen allesamt kein Wort Englisch. Kathi und ich wurden zu ihrer Dienststelle mitgenommen. Wir saßen wie Verbrecher hinten hinter Gittern. Auch vor Ort wurden wir von den vier männlichen Polizisten nicht besonders freundlich behandelt. Vier Beamte teilten sich zwei Schreibtische mit zwei Computern. Stundenlang wurde ich dann auf Spanisch immer wieder dasselbe befragt, immer wieder tippten sie von meinem Reisepass den Namen ab, immer wieder vertippten sie sich dabei.
Dann wurden wir plötzlich mit dem Auto wieder mitgenommen, dann kam irgend etwas über Funk, und wir fuhren wieder zurück zur selben Dienststelle. Da begann die Befragung erneut. Ausdrucken konnten sie uns das Protokoll aber nicht. Warum, sagten sie nicht. Ich brauchte das aber für meine Versicherung zu Hause.
Gegen 16 Uhr baten sie uns erneut ins Polizeiauto, wir fuhren nun in die zentrumsnahe Dienststelle der Touristenpolizei. Und wieder sprach dort kein Mensch Englisch. Aber dort arbeiteten nur weibliche Polizisten. Die waren auch gleich viel freundlicher. An der Wand hing ein riesengroßer Fernseher, wo gerade eine Telenovela auf hoher Lautstärke lief. Drei der vier Polizistinnen hatten scheints gar nichts zu tun. Die surften ständig am Handy. Die Vierte nahm erneut das gesamte Protokoll des Überfalls auf. Nun suchten sie sogar auf Google Street View mit uns gemeinsam welche Straße das wohl war. Die Polizisten die uns nach dem Überfall abgeholt hatten, hatten scheints nicht weitergegeben welche Straße das war!
Dann hieß es, es könnte sein, dass dort Straßenkameras sind. Es dauerte wieder ewig lange, ohne dass wir erfuhren was nun passierte. Dann mussten wir mit ihnen gemeinsam in eines der vergitterten Polizeiautos steigen. Wir fuhren erneut zum Überfallort. Wir durften nicht aussteigen. Ein Polizist und zwei Polizistinnen waren bei uns im Auto. Sie stiegen aus und suchten die Straße ab nach Kameras. Dann sprachen sie noch mit Passanten. Dann kamen sie zurück. Scheinbar gab es doch keine Kameras, und die Passanten wussten von nichts. Auch Kathi und ich hatten den Typ einfach nicht beschreiben können. Jung, schwarze Haare, schlank. … Toll, so sieht fast jeder Mann hier aus.
Auf der Touristenpolizei-Dienststelle zurück machte die nette Polizistin von vorhin endlich mein Polizei-Protokoll fertig. Kathi und ich mussten es korrekturlesen, ob alles passte. Na toll, mit meinen schlechten Spanisch-Kenntnissen. Gut dass Kathi die Sprache eine Spur besser beherrschte. Nach drei Ausdrucken aus dem mit Klebeband reparierten Uralt-Drucker, die ich mit Fingerabdruck „unterschreiben“ musste, bekam ich endlich eine Abschrift meiner Anzeige. Nach vier Stunden hatte ich endlich das, was ich für die Versicherung zu Hause benötigte.
Aufgrund dieser Behörden-Erfahrung wollte ich keineswegs noch in Lima ins Krankenhaus mit meiner Schulter. Wir flogen ohnedies am kommenden Tag nach Hause. Schmerzmittel schlucken und fertig. Und Kathi als Helferlein.

Meine linke Schulter musste dann zu Hause operiert werden (nach zehn Wochen Wartezeit auf den OP-Termin...), drei Sehnen der Rotationsmanschette waren gerissen. Insgesamt war ich wegen dieser Verletzung dann vier Monate im Krankenstand.
Trotz allem bereue ich nichts. Die vier Wochen Peru waren ein Traum! Davon zehrt man sein Leben lang.




Fotos und Filmclips: Kathi Stahl und Michi Ferschmann

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